24.10.2023Trentino

Tragödie an der Marmolata: Laut den Experten war der Gletschersturz nicht vorhersehbar

Wissenschaftliche Analyse auf einer internationalen Tagung zum Thema Hochwasserrisiko im Rahmen der Zivilschutzwoche in Trient

“Angesichts des Klimawandels und seiner spürbaren Auswirkungen auf Naturkatastrophen ist es heute schwerer möglich, auf der Grundlage von vorhandenen Erfahrungen potenziellen zukünftigen Ereignissen vorzubeugen. Es ist daher von grundlegender Wichtigkeit, dass sich diejenigen, die in den Bergen unterwegs sind, der Tatsache bewusst werden, dass es kein Null-Risiko gibt, und sich entsprechend umsichtig verhalten, indem sie sich beispielsweise klar machen, dass bei besonders hohen Temperaturen die Gefahr von Gletscherstürzen zunimmt.“ So Professor Alberto Bellin, Ordinarius für Wasserbau am Department für Bau- und Umweltingenieurwesen und Maschinenbau der Universität Trient und Gutachter der Staatsanwaltschaft nach der Tragödie vom 3. Juli 2022 an der Marmolata.  Die in Zusammenarbeit mit dem Glaziologen von der Universität Pisa Carlo Baroni durchgeführten Untersuchungen haben aufgezeigt, dass „es in den Tagen vor dem Ereignis keine offensichtlichen Warnsignale eines bevorstehenden Gletschersturzes gab“, so die Ausführungen von Bellin, der sich auf der internationalen Tagung zum Hochwasserrisiko im Rahmen des Programms der Zivilschutzwoche in Trient vom 9. bis 15. Oktober erstmals öffentlich zu der Frage äußerte.

Der Abriss des Gletschers an der Punta Rocca war daher nicht vorhersehbar. Weiterführende wissenschaftliche Analysen kamen des Weiteren zu dem Schluss, dass die Festigkeit des Gletschers auf dem felsigen Untergrund durch Wasser, das sich aufgrund des Temperaturanstiegs während der gesamten Sommersaison gebildet hatte, abgenommen hatte. „Dies hat dazu geführt“, so Bellin, „dass die Tangentialkräfte im Innern des Gletschers zugenommen haben, bis zum Bruch der Masse“.

Aus einer Podiumsdiskussion mit der Beteiligung von Fachleuten aus den italienischen Alpenregionen ergaben sich zudem zahlreiche interessante Aspekte. Im Mittelpunkt des vom Generaldirektor der Abteilung Zivilschutz, Forsten und Fauna der Autonomen Provinz Trient Raffaele De Col moderierten Austauschs stand dabei die Frage der Kompatibilität von Bauten zur Milderung der Folgen von Hochwasser mit dem Klimawandel. Teilnehmer des Runden Tisches im Kongresssaal waren u. a. Martina Bussettini (Ispra), Roberto Coali (ehemaliger Direktor des Referats Wassereinzugsgebiete des Trentino), Michele Ferri (Behörde Wassereinzugsgebiet Ostalpen), Fabio Da Re (Region Veneto), Fabio De Polo (Autonome Provinz Bozen), Daniele Drago (Region Piemont), Stefano Fait (Leiter Referat Risikoprävention und Einsatzleitstelle der Autonomen Provinz Trient), Andrea Piccin (Region Lombardei) und Paolo Ropele (Autonome Region Aostatal).

Die Referenten unterstrichen sowohl die Notwendigkeit, die Sicherheit des Alpengeländes durch die erforderlichen Investitionen zu gewährleisten, als auch die Bedeutung einer Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Vorhandensein eines Restrisikos, wie es in den Gefahrenkarten ausgewiesen wird.

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