29.05.2020Salzburg

Problemzonen im Hochgebirge unter Beobachtung

Steigende Temperaturen und Gletscherschwund lassen die Felsen im Hochgebirge bröckeln. Durch den Klimawandel wird sich dieses Szenario vermehrt auswirken. Das wurde nun erstmals durch langjährige Forschungsarbeiten auf dem Ödenwinkelkees im Pinzgau wissenschaftlich belegt.

„Das von der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer geförderte Projekt liefert wichtige Erkenntnisse, die vor allem für Infrastrukturbetreiber wie Seilbahnen, Elektrizitätsversorger oder Hütten von großer Bedeutung sind“, so Landeshauptmann Wilfried Haslauer, derzeit Vorsitzender der Arge Alp.

Ziel war es zu erfahren, welchen Einfluss der Übergangsbereich von Eis zu Fels einen auf die Stabilität des Gebirges besitzt. Mehr als zehn Jahre wurde dafür auf dem Ödenwinkelkees im Oberpinzgau (Gemeinde Uttendorf) in einer Höhe zwischen 2.500 und 3.500 Metern geforscht - mit Drohnen-Lasermessungen, Kameras und hochsensiblen Sensoren. „Nun haben wir gesicherte Daten in der Permafrostforschung und wissen mehr über die Prozesse, die in den sensiblen Zonen an den Randbereichen der Gletscher ablaufen“, so Projektleiter Gerald Valentin vom Landesgeologischen Dienst. Und das Ergebnis ist eindeutig: Die Ablösungen von Gestein in den unteren Höhenbereichen nehmen zu, sowohl was die Häufigkeit als auch was die Menge betrifft.

Das Eis ist weg, das Gestein bröckelt

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Forscher standen auch die Vorgänge in den Gletscherrandklüften, den tiefen Spalten am Übergang vom Eis zum Fels. Hier wurde klar dokumentiert: Die Destabilisierungsprozesse beginnen ab dem Tag, an dem die Eisschicht weg ist und das Gestein frei liegt. „Der Gletscher wirkt wie eine Decke, die isoliert und die Temperatur unter 0 Grad Celsius hält“, beschreibt Valentin seine Erkenntnisse. Im Detail zeigen die Labortests bei steigenden Temperaturen eine signifikante Abnahme der Gesteinsfestigkeiten. Neueste Versuche zeigen weiters, dass sich die Widerstandsfähigkeit (Scherfestigkeit) eisgefüllter Felsklüfte bei Permafrosterwärmung um bis zu 80 Prozent reduziert.

Bessere Prognosen und Früherkennung

Den großen Nutzen des Forschungsprojektes sieht der Geologe darin, dass nun wissenschaftlich fundierte Daten vorliegen, um die komplexen Ursachen von Felsstürzen im Permafrost besser zu verstehen und Methoden für deren felsmechanische Modellierung und Früherkennung entwickeln zu können. „Unsere Prognosen werden nun treffsicherer, wie sich die Felsstabilität in hohen Lagen in Zeiten des Klimawandels weiterentwickeln wird. Dies hilft uns bei der Einschätzung von Gefahren und Risiken, was vor allem für Infrastrukturanbieter von großer Bedeutung ist“, fasst Valentin zusammen.

Länderübergreifende Forschung

Das mehrjährige Projekt zum Thema Felsinstabilitäten im Permafrost wurde unter Leitung des Landesgeologischen Dienstes durchgeführt. Finanziert wird es maßgeblich von der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer, kurz Arge Alp, die dafür 135.000 Euro zur Verfügung stellt. Weitere Partner sind auch die Georesearch Forschungsgesellschaft mbH in Wals-Siezenheim, die Universität Salzburg, die Salzburger Imberg Consult GmbH, die Technische Universität München und das Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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